Von der Erde aus gehen

Von der Erde aus Gehen

Im Tangounterricht wird gerne davon gesprochen, dass man vom Boden aus Gehen soll.

Obwohl diese Anweisung gerne von den unterschiedlichsten Tangolehrern benutzt wird, finde ich es nicht immer eindeutig was damit gemeint ist. Tatsächlich scheint es eine ganze Reihe von konkreten Vorgängen zu sein, die dann schlussendlich in der Anmutung enden: „Der oder Die geht vom Boden aus“.

Die folgende Sichtweise ist aus der Perspektive des Führenden und beschreibt den Vorwärtsschritt und einen Teilaspekte des „aus dem Boden gehen“.

Wenn der Führende eine Folgende dazu motivieren möchte, einen Schritt nach hinten zu machen, muss er einen bestimmten Druck auf die Umarmung ausüben. Ihm bleibt gar nichts anderes übrig, wenn man Sprache, Augen und übernatürliche Kräfte ausschließt. Der Führende spürt an seinem Teil der Umarmung: „Ja ich habe diesen Druck ausgeübt. Ich habe es richtig getan“ und wundert sich, dass die Folgende nicht mit dem gewünschten Elan nach hinten prescht. Die Folgende – danach gefragt – wird sagen: „Ja, da war ein Impuls. Er war aber schwach, schwammig und ungenau.“ Diese Situation ist wohl jedem Neuling bekannt. Wenn man jetzt nicht anfängt, sich zu streiten, gehört man schon zu den Fortgeschrittenen.

 

Was ist passiert?

Exkursion: Was passiert wirklich, wenn man mit den Armen drückt?

Der Führende hat in seinem Teil der Umarmung einen gewissen Druck gespürt und nimmt an, dass es sich dabei um einen Impuls in die entsprechende Richtung gehandelt hat. Hat er sich hierbei nur auf seine Umarmung konzentriert, und diese aus den Armen geführt, wird nur ein Teil der Energie in einer Rückwärtsbewegung der Folgenden enden. Ein anderer Teil des Impulses, geht in die Rückwärtsbewegung des eigenen Körpers in die entgegengesetzte Richtung gehen. Der Führende bewegt sich von der Folgenden weg. Der Impuls wird für die Folgende abgeschwächt.

Wenn zwischen zwei Massen eine Kraft besteht, die Sie auseinander treibt werden Sie sich auch entsprechend den Massen auseinander bewegen. In Anhängigkeit von der Größe der einzelnen Masse werden Sie sich unterschiedlich weit bewegen. Der Kleine wird sich viel bewegen, der Große wenig. Nichts anderes spielt eine Rolle.

Wenn man voreinander steht und sich mit den Händen gegenseitig wegstößt, werden sich die Körper voneinander wegbewegen.  Physikalisch entsteht eine Kraft, die beide Körper auseinandertreibt. Diese Kraft ist als Druck an den Händen spürbar. Beim Tango drückt nur einer bewusst, das ist aber unerheblich für den Effekt und spielt so keine Rolle.

Also wenn ich mit den Armen drücke, ergibt das nicht den gewünschten Effekt, dass wir gemeinsam nach vorne preschen.

Was tun?

Ich kann meiner Masse eine noch größere Masse hinzufügen. Für Tangotänzer in unserem Sonnensystem bietet sich die Erde an. Immerhin ist Sie 5,975 Trillionen Tonnen schwer. Das dürfte selbst für etwas störrischere Tanzende lange.

Wie mache ich das?

Es geht etwas weniger physikalisch weiter….

brinDurch ein paar kleine Übungen können wir die relevanten Vorgänge erkunden, die sich in unserem Körper abspielen.

Stelle dich vor eine Wand und drücke gegen diese. Du wirst wahrscheinlich die Arme beugen und dich so in eine Schräglage bringen. Diese Schräglage wird gegen die Wand drücken.

Dieses Vorgehen ist uns sehr vertraut, denn es entspricht unserem Gehen und insbesondere unserem Laufen. Das alltägliche gehen und laufen ist eigentlich ein vorwärts Fallen, bei dem wir dauernd die Füße unter unseren Körper schmeißen, um nicht auf den Boden zu knallen. Das wird insbesondere dann klar, wenn dieses „Füße nach vorne schmeißen“ nicht funktioniert, weil dem Fuß z.B. eine Wurzel im Weg ist. Dann fallen wir weiter und weiter und müssen uns jetzt sehr beeilen, um nicht aufzuschlagen.

Dieses nach vorne Fallen wollen wir nicht im Tango, weil es Erstens lange dauert, bis wir so weit nach vorne gekippt sind, dass wir über die Schwerkraft nach vorne fallen könnten. Darüber hinaus ist dieses Fallen sehr unkontrolliert und es ist uns nicht möglich, den Schritt schnell zu ändern. Dieses möchten wir aber im Tango.

Wir stellen uns nochmal vor die Wand. Legen die Hände auf die Wand. Wir überstrecken die Ellenbogen, so dass es uns nicht mehr möglich ist, über diese eine Positionsänderung vorzunehmen. Wir achten auch darauf, dass die Schultern an Ort und Stelle bleiben.

Nun versuchen wir Druck auf die Wände auszuüben, oder den Druck zu erhöhen, wenn wir schon leicht schräg stehen. Wir beachten hierbei den Druck an den Händen. Das ist der Impuls, den wir weitergeben.

Es entsteht vor allem eine Spannung in den Beinen und hinten an der Wirbelsäule. Diese kann man deutlich spüren. Der Druck ist signifikant weniger als der, den ich über eine Schräglage erreichen kann. Sichtbar bewegen wird sich nicht viel. Aber genau diese Muskeln brauchen wir anstatt der Arme, um einen Impuls zu geben. Dieselbe Übung können wir auch machen, in dem wir mit der Seite zu der Wand stellen und einen Druck ausüben. Nun erfahren wir welche Muskeln wir für den Seitschritt brauchen.

Um einen Impuls zu geben, benutze Fuß und Beine oder Torsion des Oberkörpers, und habe einen Rumpf, der nicht nachgibt. Die relevanten Muskel haben wir gerade kennengelernt.

Nun ist aber eine Folgende im Allgemeinen etwas dynamischer als eine Wand. Wie man dieses Wissen gut in einen Tanz einbringt werde wir nächstes mal sehen.